| Vils G'schichten Süd - Lokal-Magazin für Amberg bis KallmünzApril 2011 "Wir müssen erinnern! Gegen das Vergessen" Historiker Günther Rambach veröffentlicht das Buch "Hakenkreuz und Martinskirche - Schicksalsjahre in der Oberpfalz 1933-1959" Mit auf eine spannende Zeitreise nahm der Geschichtslehrer Günther Rambach viele Jahre lang Schüler des Max-Reger-Gymnasiums Amberg. Als Autor und Historiker erforscht er die dunkelste Zeit der Region, als das Hakenkreuz über den Dächern der Stadt wehte. 2010 erschien sein Werk "Hakenkreuz und Martinskirche - Schicksalsjahre in der Oberpfalz 1933-1959". Im Interview erklärt der Kümmersbrucker warum er sich in Mexiko für das Geschichtsstudium entschied und was seine größte Sorge ist. Herr Rambach, wie und wann kamen Sie darauf, dieses Buch zu schreiben? Günther Rambach: Was ich die vielen Jahre als Geschichtslehrer mit Verwunderung beobachtet habe: In Amberg fehlt eine ernsthafte und umfassende Auseinandersetzung mit der braunen Vergangenheit dieser Stadt. Der Nationalsozialismus war weder ein Thema bei der 975- Jahrfeier, noch wird dieser Themenkreis im Stadtmuseum dargestellt. Ich habe den Eindruck, dass diese Thematik bewusst verdrängt und totgeschwiegen wird. Auch das Thema "Filbig" (1933 NS- Oberbürgermeister, 1952 wiedergewählt) beschäftigte mich schon seit Jahren. Erst mit der Pensionierung vor drei Jahren hatte ich die dafür notwendige Zeit gefunden. Während meiner Zeit als Gymnasiallehrer war dies unmöglich. Hier galt mein ganzer Einsatz den Schülern. Sie sind Historiker und Geschichtslehrer. Was hat Sie so sehr an der Geschichte fasziniert, dass Sie diese zum Beruf machten? Günther Rambach: Die Entscheidung Geschichte zu studieren fiel in Mexiko. Nach dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg hatte ich mich an der Uni Regensburg für Betriebswirtschaft eingeschrieben. Vor Studienbeginn war ich drei Monate in den USA und machte von dort zum Abschluss eine Reise nach Mexiko. Nachdem ich das amerikanische Leben kennenlernte, wurde ich in Mexiko mit der alten spanischen Kultur und der Kultur der Mayas und Azteken konfrontiert. Tief beeindruckt von den Schätzen dieser Völker fasste ich in der Cafeteria des Museum der Stadt Mexiko den Entschluss, Geschichte und Germanistik zu studieren. Ihr Buch ist sehr persönlich. Haben Sie anfänglich Bedenken deswegen gehabt? Günther Rambach: Da Josef R. an keinen Verbrechen der Wehrmacht oder der SS beteiligt war, hatte ich keine Bedenken. Für mein Buch waren aber seine Lebens-geschichte und seine Feldpostbriefe ein Glücksfall und ein zusätzlicher Anlass, das Buch zu schreiben: Ein 18-Jähriger schließt sich der SS an, unterliegt der Verführung des Systems, distanziert sich aber ab 1938 und durch die schrecklichen Erlebnisse im Krieg immer mehr von den Nationalsozialisten. Seine Verzweiflung und sein Hass auf den Krieg wurden immer größer. Sind Sie während Ihrer Recherche auf Dinge gestoßen, die Ihnen bis dahin auch unbekannt waren? Günther Rambach: Unbekannt war mir, welchen ideologischen Unsinn Filbig als NSDAP- Oberbürgermeister von sich gab. Auch war ich überrascht, wie er es bei der Entnazifizierung nach 1945 fertig brachte, vom Hauptschuldigen zum harmlosen Mitläufer zu werden. Neu war für mich das mutige Verhalten oberpfälzischer Pfarrer gegenüber den Nazis, unbekannt auch der Streit der katholischen Kirche mit dem NS-Staat über das Läuten der Glocken und die Beflaggung der Kirchen. Viele Details über die Not der Nachkriegszeit, über das Schicksal der DPs und über das Verhalten der Amerikaner hatte ich erst bei meinen Recherchen erfahren. Immer wieder herrschen Debatten darüber, wie mit rechtsradikalen Straftaten umzugehen ist: totschweigen oder publik machen. Wie sehen Sie das? Günther Rambach: Ich erinnere mich noch, wie man in den 70er und 80er Jahren unnachsichtlich gegen linksradikale Straftaten vorgegangen ist. Heut müssen rechts-radikale Straftaten publik gemacht und auch entsprechend bestraft werden, was meines Erachtens nicht immer mit der notwendigen Konsequenz erfolgt. Die Jugend von heute und der braune Sumpf? Günther Rambach: Große Sorge bereitet mir, dass junge Leute wieder das braune Gedankengut verbreiten. Heute ist es eine Schande, dass so viele vor den Verbrechen der Nazis und vor dem, was dem eigenen Volk angetan wurde, die Augen verschließen und immer noch Hitler verehren. Umso notwendiger ist es, sich an diese dunkle Vergangen-heit zu erinnern, nicht im Büßerhemd, zumindest nicht die jüngere Generation. Sich deshalb erinnern, dass so etwas nicht wieder geschieht. Wir müssen erinnern! Gegen das Vergessen! Interview: Cindy Michel |
|